Warum ein lebender Link?
„Verlinken macht einen zum Komplizen.“ – eine schönere Begründung als diese kann es nicht geben. Ich fand sie, nachdem es bereits den lebenden (Hyper-)Link gab im Buch „Das halbwegs Soziale“ von Geert Lovink. Beim Improvisieren auf der Bühne werden das Publikum und der Spieler zu Komplizen. Doch diesem einfachen Satz folgten noch weitere Ausführungen, die mich darin bestärkten, dass die Welt den Link braucht:
„Hin und her zu springen ist ein grundlegender Verhaltensmodus in postmodernen Gesellschaften. […]
Links sind „Bande“, die für einen „guten Leumund“ stehen (der dann bemessen und abgebildet werden kann), und diese sind die Basis für Googles Suchalgorithmus, Googles Grundlage ist positive Affirmation. […]
Der auf Facebook so beliebte, mit einem Klick aktivierte „Like“-Button ist weit weniger absichtsvoll als das Verlinken, denn die hergestellte Verbindung besteht eher in einer aufwandlosen affektiven Assoziierung als in einer tatsächlichen Bezugnahme. […]
Gibt es auch die Freiheit des Unlinkings? Links erzeugen Traffic, der wiederum Einnahmen generiert. Würden Millionen die Google-Links zu ihren Seiten löschen, könnte das Ende dieses Dienstes eingeläutet werden – die Säule eines Imperiums. Das Problem ist, bislang macht das keiner. Externe Links werden akzeptiert, toleriert und im Wesentlichen ignoriert, oder sie sind gar nicht bekannt. Techno-Materialisten sagen, dass Links Maschinen füttern, die für den cybernetischen Konsum geschaffen wurden. […]
Links sind die Grundeinheit für die Informationsökonomie, um ihre eigenen Existenz zu erforschen, zu kartografieren und zu reproduzieren. […]
Man muss den gegenwärtigen Bedeutungsverlust des Links als einen graduellen, unterschwelligen, fast unsichtbaren Prozess betrachten. Zunächst einmal wurde durch die Suchmaschine ihr Status gesenkt. Wir klicken nicht mehr von Seite zu Seite und benutzen die dortigen Links, um irgendwohin zu kommen, sondern nehmen gleich den Weg über die Suchanfrage. Wenn man weitergeht, kann man feststellen, dass die Suchmaschinen den Links gegenüber eine parasitäre Haltung haben. Die [Such-)Maschinen sind die größten Nutznießer der Links, während gleichzeitig die Macht der Links erodiert. […]
Dieser Prozess setzt sich fort in den ummauerten Gärten der Social-Networking-Plattformen, wo Linking durch Liking ersetzt wurde. […]
Innerhalb der Sozialen Medien ist der Link reduziert auf eine Empfehlung von besuchten Inhalten, mit der klaren Zielvorstellung, dass man auf die Plattform zurückkehrt, etwas dazu äußert oder es zum Beispiel anderen weitergibt. Die Bewegung von Link zu Like als vorherrschende Web-Währung symbolisiert gleichzeitig eine Verschiebung in der AUfmerksamkeits-Ökonomie von der suchgesteuerten Navigation zum selbstreferentiellen bzw. geschlossenen Wohnen in den Sozialen Medien.“
Herrlich, oder? Tja und dann gibt es von Geert Lovink noch einen wertvollen Hinweis auf Nicholas Carr:
„Links sind eine wunderbare Annehmlichkeit, wie wir alle wissen. Aber sie bedeuten auch Ablenkung, manchmal eine sehr große Ablenkung – wir klicken auf einen Link, dann einen weiteren und noch einen weiteren, und schon haben wir vergessen, was wir ursprünglich eigentlich tun oder lesen wollten. […] Der Link ist gewissermaßen eine technologisch fortschrifttliche Form der Fußnote. Er ist, was seinen Ablenkungscharakter betrifft, auch eine gewaltsame Form von Fußnote.“ Carr bezeichnet das Buch als ein Experiment in Entlinkifizierung.“
Auch wenn der Link von Likes und Suchmaschinen bedroht ist: er lebt! Mehr als das: er lebte schon, bevor es ihn gab! Der Link als Referenz, als Zitat, als Phantasie-Währung existierte bereits seit tausenden von Jahren in unseren Köpfen. Als Assoziation. Lebendiges, absichtsvolles Assoziieren. Das vernetzen der Dinge, die wir sehen. Das brutale Re-kombinieren von Geschichten, Bildern, Sounds – das kreative Spiel mit allem, was wir in uns aufnahmen. Lebendig. Voller Leben! Das Verlinken gab es, gibt es und wird es immer geben – in und außerhalb der virtuellen Welt. Dazu braucht es nicht mehr und nicht weniger als uns. Uns allein.
Wer ist der lebende Hyperlink?
Link ist ein Weltenwanderer. Ein Trickster. Ein spielender Narr.
Eine andere Welt ist möglich? Wieso nur eine, fragt er und kreiert Universen voller Geschichten, Möglichkeiten, Freiheiten und Instant-Poesie.
In dieser Show wird aus dem Vollen geschöpft. Hier geht es nicht mehr ums Sparen. Hier geht es um das Prassen mit Fantasie, das Rausrotzen von Visionen und Worten, die zu Herzen gehen.
Dramatisch spannend, zum Brüllen komisch, erhellend ernst und unterhaltend schön.
Es geht um subversives Lachen. Ein Lachen über alles, was uns davon abhält, hier und jetzt glücklich zu sein.
Mitten in Berlin.
Wer sind die Giganten, auf deren Schultern er steht?
Shawn Kinley, Rama Nicholas, Billa Christe, Birgit Linner, Keith Johnstone, Gabriele Amann, Eugene Gerein, Roland Trescher, Andreas Benkwitz, Jona Döring, Stephen Sim, Didier Danthois, Kai Romhardt, Doug Nunn, Randy Dixon, Stephen Nachmanovitch, Andrew Morrish, Ingeborg Ciesielski, Felix Ciesielski, Katharina Höhne, Daniela Döring
Danke, Improvisation
Wie kam es zum lebenden Verlinken?
Lebendes oder lebendiges Verlinken hilft beim Nachdenken. Wer viel liest, hört, sieht, schmeckt, riecht, begrapscht und erläuft, kann darüber schreiben, oder es live und on stage verarbeiten. Bei einem Solo-Impro-Workshop hat der lebende Hyperlink die Sprech-Fluss-Methode kennen gelernt. Und als lebendiges Verlinken weitergetrieben. Immer mehr Parameter, Algorythmen und Beats kamen dazu. Jetzt groovt es.
Kann das jeder?
Ja. Das kann theoretisch jeder. Es ist erlernbar, trainierbar, verlierbar, verlinkbar. Kopieren erlaubt. cc.
Und sonst?
Beim live hyperlinken kommen einem schon manchmal humorige Gedanken – gerade auch, wenn man sich mit dem Publikum verlinkt. Zum Beispielt Sachbuchtitel: „Das liest doch eh keiner! Wie ich meine Schreibblockade überwandt, obwohl ich nichts zu sagen hatte.“ oder „Das Oma-Prinzip – Warum früher wirklich alles besser war“ und „Die Türklinke zum Erfolg!“. Nicht lustig? Ha! Wer will schon immer lustig sein. Das Leben ist zu ernst dafür. So kommen manchmal auch stille Momente in das Programm. Langsame. Bedenkliche. Nachdenkliche. Der Turbolader katalysiert urplötzlich die wirklich wichtigen Themen mit Feuer und Dampfhammer in die Hirne der Probanden. Und liebkost die Herzen.
Wo lebt der lebende Hyperlink?
Im Internet IPv6
Garummelgub?
Babahui. Spontanes Spiel. mit. worten. und. taten. jetzt.